Muslim Fashion erobert Frankfurt
- southandfashion
- 18. Juni 2019
- 4 Min. Lesezeit
Über 1.8 Milliarden Menschen gehören dem Islam an. Das typische Erkennungsmerkmal schlechthin: Das Kopftuch und die dunklen Gewänder. Contemporary Muslim Fashion ist die weltweit erste Ausstellung zeitgenössicher Muslimischer Mode. Zuerst erobert sie die USA und jetzt auch zum ersten mal Deutschland. Junge, selbsbestimmte Designer zeigen ihre Kreationen. Die Ausstellung im Museum Angewandte Kunst erhitzt derzeit die Gemüter in Frankfurt. Aus diesem Grund sind wir der Sache nachgegangen, um uns ein eignes Bild davon zu machen.
Die Führung durch die Welt der muslimischen Mode, begann in einem kleinen abgedunkelten Raum. Darunter sind verschiedene Entwürfe zu sehen. Ein traditionelles Gebetskleid mit Kapuze und silbernen Strass- und Glassteinchen. Für die Designerin Datin Haslinda Abdul Rahim, die für Label BLANCHEUR Mode entwirft, ist Gebetskleidung ebenso wichtig wie Alltagskleidung. Sie versuchen für ihre Trägerinnen schöne Gebetskleidung zu entwerfen, die funktionell sowie bequem sind. Ein Mantel aus Seiden, Cutwork und Stickereien. Die Motive sind inspiriert von Elementen islamischer Architektur, wie etwa den Gitterfenstern, auch Mashrabiya gennant. Die traditionellen Überkleider, oder auch Abayas gennant, als schickes Blusenkleid umfunktioniert. Der wichtige Begriff Modest Fashion, bezieht sich auf ein Modetrend bei muslimischen Frauen. Der bedeutet, sich modisch bedeckt zu halten.
Ein großer, heller Raum mit moderner Abwandlung traditioneller muslimischer Kleider, war der weitere Verlauf unserer Führung. Ausgestellt sind unter anderem ein durchsichtiges Gewand, eine sehr weite Hose und alles andere als schwarze Gewänder. Die Designerinnen wollen damit aufmerksam machen: Nur weil ich eine Frau bin, bedeutet es nicht, dass moderne Kleidung zwangsläufig verboten sein muss. Denn im Islam verbietet keiner das Tragen von Hosen oder durchsichtigen Überkleidern. So lange nicht zu viel Haut gezeigt wird und die vorgeschriebenen Regeln eingehalten werden.
Ein Musterstück, was uns dabei sehr ins Auge gestochen ist, ist ein Kopftuch, welches auf den Seiten den Slogan Bannend aufzeigt. Es gilt als Protest gegen das, von Donald Trump ins Leben gerufenem Einreiseverbot. Das Kopftuch wird von vielen als das eindeutigste Erkennungsmerkmal muslimischer Frauen betrachtet. Allerdings tragen nicht alle muslimischen Frauen einen Kopftuch Hijab und nur sehr wenige einen Niqab, eine Verschleierung. Das Kopftuch drückt nicht immer, wie erwartet, den persönlichen Glauben aus, sondern auch die Konventionen einer Gemeinschaft oder eine ganz verschiedene politische Position.

In der Ausstellung wird ein ungewöhnliches Musikvideo abgespielt. Es ist die syrisch-amerikanische Rapperin und Aktivistin Mona Haydar mit dem Song Hijabi (Wrap my Hijab). Es ist ein Beitrag zur aktuellen Debatte über die Kleidung muslimischer Frauen. In dem Song rappt Haydar darüber, dass sie nicht damit aufhören wird, sich ihren Hidschab umzuwickeln. Ein Statement an all jene, die muslimische Frauen für das Tragen eines Kopftuches beleidigen oder attackieren.
Sport als ein No-Go für Muslimen? Auf gar keinen Fall! Sport wird keineswegs verboten. Im Gegenteil, es wird sogar befürwortet. Man muss sich lediglich entsprechend Kleiden. Ein gutes Beispiel dafür ist der Hijab von dem beliebten Label Nike. Diese wird sogar von der berühmten muslimischen Fechterin Ibtihaj Muhammad getragen.
Zweiteilige Badekleidung für Musliminnen, oder auch Burkinis genannt, wurde in den letzten Jahren immer wieder kritisiert. Nach dem Anschlag auf der Strandpromenade im Jahr 2016 in Frankreich wurde das Burkiniverbot ausgesprochen. Dieses wurde aber gekippt, denn niemanden darf das Tragen von bestimmter verbieten. Die meisten denken, dass Burkinis lediglich aus religiösen Gründen getragen werde. Allerdings gilt ausgerechnet Japan als der größte Markt für Burkinis. Japaner tragen Burkini nicht aus religiösen Motiven, sondern um ihre sehr helle Haut zu bedecken um sich vor Verbrennungen oder Ähnlichem zu schützen.

Der nächste Raum ist dem europäischen Kleidungsstil sehr nahe. Kollektionen im Streetware Look. Ein pinker Hoodie, langer Mantel und eine Hose. Die Mission der Designerin Imen Bousnina: Modest Fashion in die europäische Modewelt zu integrieren und so die einseitige Vorstellung von der muslimischen Frau zu verändern. Ihre Designs sollen Frauen ansprechen, die nicht bereit sind, zu viel Haut zu zeigen aber trotzdem modisch sein wollen.
Die Plattform Instagram ist derzeit die Plattform der Wahl für Stil-Influencer. Darunter auch muslimische Frauen, die Kopftuch tragen und stilsicher unterwegs sind. Instagram wird nicht nur als Medium für die Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Mode von muslimischen Instagrammer genutzt, sondern auch als Werkzeug für den sozialen Wandel. Nachhaltigkeit, ethische Produktionsbedingungen, Rassismus und religiöse Ungleichheit sind einige davon.
Bis 2013 war Musa bint Nasser al-Missned die First Lady von Katar. Wenn es darum ging, bei den öffentlichen Auftritten das Land Katar, modern, weltoffen und zukunftsorientiert zu präsentieren, trug sie meist Haute Couture von namenhaften Designern, wie Valentino, Cristian Dior oder Jean Paul Gaultier.
Wer sich Haute Couture leisten kann, kann es auf seine eigenen Wünsche und Vorstellungen umändern lassen. Dies zeigte auch schon die Sängerin Beyoncé bei einem der Kreationen aus dem ersten Raum. Sie ließ sich einen langen Beinschlitz in das Blusenkleid schneidern.
Houte Couture zählt zu den teuersten Roben. Weshalb es sich auch kein Label hätte leisten können, muslimische Frauen aus den Kreationen auszuschließen, denn der Markt wächst stetig.
Was uns aber besonders aufgefallen ist, dass man eher wenige muslimische Frauen in Frankfurt oder Wiesbaden in solchen abgewandelten und modernen Kreationen sieht. Wir glauben, dass sie sich nicht trauen, zu diesen selbstbestimmten Looks zu greifen und sich eher verstecken möchten. Dabei zeigt die Ausstellung, dass man sich auch modern bedecken kann. Contemporary Muslim Fashion soll sich nicht gegen Verschleierung, Kopftücher etc. richten. Sondern die Besucher darüber informieren, damit sie sich selber eine eigene Meinung darüber bilden können.
Die Ausstellung kann noch bis zum 01. September 2019 im Museum für Angewandte Kunst besucht werden.
Also auf geht's!
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